War das eigentlich noch Jazz, wenn es wumpte wie in einer Techno-Disko oder unter der weißlackierten Hallendecke schwebte wie bekiffter Krautrock? Sagen wir es so: Beste Klangkunst von Musikern mit Jazzausbildung brachte das 34. Festival der Jazzinitiative Würzburg.
Sechs Bands traten an den beiden Tagen auf – aber weder Dixie noch Swing nostalgierte durch den stets vollen Saal im Stadtteilzentrum Grombühl. Der Jazz von heute ist freier denn je, übertritt frech Genregrenzen der letzten 100 Jahre und gibt den Künstler noch mehr Raum für individuelle Interpretationen. Die Programmauswahl unter Leitung von Jazzini-Vorsitzenden Jörg Meister ließ sich von der Frage leiten: Welche Jazzer haben uns eigentlich etwas für die Gegenwart zu sagen? Und da haben Musikhochschüler plötzlich das gleiche Recht wie der knapp 90-jährige internationale Stargast Sheila Jordan.
Die ist ein gutes Beispiel – nein, nicht für die „großen Namen“ des Programms – sondern dafür, dass altes Songmaterial, in einer offenen, improvisierten Form dargebracht, genau so lebendig und zukunftsfähig klingen kann wie junge Komponisten, die sichtlich auch über die letzten Trends am Jazzerhimmel orientiert sind.
Ein Zuhörer formulierte es so: „Die Musikerinnen und Musiker, die im Jazz auch einen Entertainment-Auftrag sehen, haben den Akademikern einfach etwas voraus.“ Das Unterhaltungs-Brett gab dem Publikum die Jazzrausch Bigband mit erbarmungslos pumpender Kick-drum: Rund 16 Musiker riefen mit ihrem mundgeblasenen Techno zur Tanzparty.
Sehr viele junge Künstler auf der Bühne – noch ziehen die Zuschauer bei dieser demografischen Entwicklung nicht ganz mit. Es gab schon mal Jahre, in denen Jazz bei einem größeren studentischen Publikum ankam. Die Jazzinitiative tut ihr bestes, eine solche Phase für die nächste Zukunft wieder anzuleiern.
Peter Sandkopf